Die selbstgewählte Sklaverei

Wir sind Sklaven der Technik, Sklaven der Maschinen.

Wenn wir an Filme wie „Terminator“, „Matrix“, „I, Robot“ oder „Oblivion“ denken, belächeln wir zunächst die Vorstellung, eines Tages die Sklaven von Maschinen zu sein. Zu fern scheinen uns die Visionen der Science-Fiction-Autoren, zu primitiv entwickelt die meisten Roboter und die sogenannte Künstliche Intelligenz. Doch wir müssen keine Filme schauen, die hochtechnologisierte Schreckensszenarien darstellen, um die Sklaverei der Menschen durch Maschinen zu erkennen.

Es bedarf lediglich eines anderen Blickwinkels.

Man schaue einfach in die eigene Jackentasche und man entdeckt… eine Maschine. Das Handy oder Smartphone ist vielleicht noch die angenehmste Form der selbstgewählten Sklaverei. Man schaue einmal an einem x-beliebigen Ort, etwa an einer Haltestelle, was die Personen in der Nähe tun. Sie nutzen ihr Handy, schauen ständig darauf, lassen sich durch Musik oder Videos aus dem integrierten Player beschallen, checken E-Mails, Facebook-Nachrichten, SMS oder surfen im Internet. Wenn Ihnen das Handy weggenommen würde, wenn der Akku leer ist oder sie es einen Tag zu Hause vergessen haben, ist dies gleich die große Katastrophe.

Nur sehr wenige Menschen, die insbesondere mit den neuen Technologien aufgewachsen sind, können noch dauerhaft etwa ohne Handy auskommen. Sie sind darauf angewiesen, überall erreichbar zu sein. Sie fürchten, etwas zu verpassen. Dabei verpassen sie nur eines: Unabhängigkeit, Freiheit. Sie sind abhängig, süchtig nach dem kleinen Technologie-Wunder in der Tasche. Sie sind Sklaven, weil sie nicht ohne die Technik auskommen (wollen).

Eine andere Form der Sklaverei erleben wir, wenn wir das Notebook, den PC oder ein Tablet nutzen. Heute wird bei der Arbeit in Industrienationen ein Internetanschluss vorausgesetzt. Es wird bei Unternehmen vorausgesetzt, eine eigene Website und E-Mail-Adresse zu besitzen. Es wird vorausgesetzt, dass man in sozialen Netzwerken vertreten ist. Es wird erwartet, dass man jederzeit verfügbar ist. Und man ist angewiesen auf die Technik. Denn was geschieht, wenn einmal ein Server ausfällt, ein PC wegen einem Virus nicht mehr funktioniert? Wir geraten in Panik. Wir versuchen verzweifelt, eine Lösung für unser technisches Problem zu finden. Wir bemerken die Abhängigkeit von dieser Maschine, stellen fest, dass wir Sklaven sind.

Noch viel deutlicher ist es bei regelmäßigen Updates und Upgrades, die man vornehmen muss oder sollte, um die Sicherheit des eigenen Systems zu gewährleisten. Wir sind gezwungen, diese vorzunehmen, gezwungen, Zeit zu investieren, wollen wir nicht Datendiebstahl und Schlimmeres erleben. Diese Abhängigkeit macht uns zu Sklaven.

Und wir arbeiten immer weiter an der selbstgewählten Sklaverei. Software-Unternehmen arbeiten permanent daran, Arbeitsplätze einzusparen, damit andere Unternehmen effizienter und produktiver arbeiten können. Wir End-Konsumenten unterstützen dies noch, indem wir z.B. Industrieprodukte kaufen, die weitestgehend von Industrierobotern hergestellt werden. Es muss schön billig sein. Mehr interessiert uns nicht. Und doch findet immer mehr Technik Einzug in unsere Produkte, etwa das Auto. Wenn heutzutage ein Auto kaputt ist, kann das nicht jeder halbwegs begabte Autobesitzer selbst reparieren. Es sind Spezialkenntnisse nötig. Wir schaffen uns neue Abhängigkeiten.

Das große Schlagwort der nächsten Jahrzehnte, besonders im Industriesektor, lautet Automation. Möglichst autonom handelnde Maschinen, die billig produzieren und den Gewinn maximieren. Oder gar intelligente Produkte, die selbst diktieren, welche Arbeitsschritte in welcher Reihenfolge vorgenommen werden sollen (Cyberphysikalische Systeme, kurz CPS). Wir Menschen werden nur noch zur Wartung gebraucht. Damit sind wir nichts anderes als Sklaven. Denn es geht nur noch darum, Maschinen zu dienen, ihren guten Zustand aufrecht zu erhalten oder ihre Leistung zu optimieren.

Es geht nur noch darum, den Menschen als Arbeitskraft soweit wie möglich zu ersetzen und ihn in eine immer größere Abhängigkeit zu versetzen. Denn sind wir abhängig, fällt die weitere Versklavung leichter.